Geschichte der Europameisterschaften – EURO 1964 in Spanien: Sieg des Teamgeistes

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Author: Ladislav Harsányi

Die Fußball-Europameisterschaft (EURO) wird eines der großen Sportfeste des Kalenderjahres 2024 sein. Anlässlich der Europameisterschaft in Deutschland haben wir eine historische Serie über die Europameisterschaften vorbereitet. Hier ist der zweite Teil, der sich auf die EURO 1964 in Spanien konzentriert.

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Die erste Heimkrönung

Das Interesse an der Nationen-Pokal war bereits wesentlich größer als zuvor. Nur drei Länder haben sich nicht beworben: Schottland, Finnland und die Bundesrepublik Deutschland (im Gegensatz zur Deutsche demokratische Republik). Die Westdeutschen schätzten den Wettbewerb immer noch nicht.

Im ersten Duell (Vorrunde der Qualifikation) des Nationenpokals traf Tschechoslowakei auf die DDR. Nach zwei ausgeglichenen Duellen jubelten die Deutschen. Zum Ende des zweiten Duells erzielte Peter Ducke das entscheidende Tor und schoss die Tschechoslowaken damit aus dem Wettbewerb.

Quelle: DFB (Photo: Martin Schutt) – Peter Ducke

Das Paradoxe daran war, dass sich ein Spieler darum kümmerte, der in tschechischen Benesov nad Ploucnici geboren wurde und im Rahmen der deutschen Vertreibung 1945 als Vierjähriger mit seinen Eltern per Schiff über die Elbe nach Deutschland fuhr. Und so „rächte“ er sich. Während die Tschechoslowakei die Negativsensation der Qualifikation war, war Luxemburg die positive Sensation. Die Mannschaft vermied die Qualifikation und traf im Achtelfinale auf die Niederlande, die es nach einem 1:1 und einem 2:1 überraschend aus dem Turnier warf. Im Viertelfinale gegen Dänemark gingen zwei Spiele unentschieden aus (3:2, 2:2) und ein drittes musste her, das die Dänen in Amsterdam durch ein Tor von Ole Madsen mit 1:0 gewannen.

Das Turnier fand vom 17. bis 21. Juni 1964 im Camp Nou in Barcelona und im Santiago Bernabeu in Madrid statt. Die Teilnehmer waren Spanien, Ungarn, die UdSSR und Dänemark. Am Ende gab es das mit Spannung erwartete Finale Spanien – UdSSR, obwohl die Spanier im Halbfinale einen schweren Stand hatten und die Ungarn mit 2:1 nach Verlängerung besiegten. Die Dänen verloren glatt gegen die Sowjets (0:3), sowohl auch dann im Spiel um den dritten Platz mit den Ungarn (1:3 nach Verlängerung).

Besucherrekord beim Finale

Das Interesse am Finalspiel war groß. Obwohl die offizielle Zählung 79.115 Zuschauer im Stadion ergab, sahen mit eigenen Augen das Spiel mit Gästen und Journalisten mitgerechnet schätzungsweise 100.000 bis 120.000 Menschen! Unter ihnen war auch der spanische Machthaber Franco, der seiner Nationalmannschaft vier Jahre zuvor verboten hatte, zum Viertelfinale nach Moskau zu reisen. Die Spanier gingen bereits in der sechsten Minute in Führung, als Chus Pereda den Torhüter Lev Jaschin, der bei weitem nicht so stark war wie vor vier Jahren, aus dem Spiel nahm.

Doch zwei Minuten später erzielte Galimzian Chuseinov mit einem Direktschuss den Ausgleich. Marcelins Kopfball in der 84. Minute machte den Unterschied aus. Obwohl das Rückgrat der Mannschaft von Real Madrid stammte, das in jenen Jahren die Europapokale dominierte, fügten sich einige der jungen Spieler in die Mannschaft gut ein. Aber es waren der „ältere“ Luis Suárez (der als erster Spieler im selben Jahr sowohl die Europapokal der Landesmeister als auch die Europameisterschaft gewann) und Reals Stürmer Amancio Amaro, die am meisten glänzten. Danach mussten die Spanier weitere 44 Jahre warten, bis sie den Europameister-Pokal wieder in die Höhe stemmen konnten.

Finale: Spanien – UdSSR 2:1 (1:1)
Tore: 6. Pereda, 84. Marcelino 8. Chusainov
Schiedsrichter: Holland (Eng.) 79.115 Zuschauer. Das Spiel fand am 21. Juni 1964 im Santiago-Bernabeu-Stadion in Madrid statt.
Europameister-Mannschaft: Iribar – Rivilla, Olivella, Calleja – Zoco, Fusté – Amancio, Pereda, Marcelino Martinéz, L. Suárez, Lapetra

„Ich habe viele Spiele für die Nationalmannschaft mit viel besseren Mitspielern als in diesem Finale gespielt. Aber im Gegensatz zu früher waren wir diesmal ein echtes Team“.
Luis Suárez, Europameister 1964

Fakten EURO 1964

  • Für das Finalturnier hatten alle vier Teilnehmer die Farbe Rot für ihre Trikots gewählt. Zwei von ihnen mussten logischerweise andere Farben tragen. Die Ungarn und die UdSSR trugen Weiß.
  • Ole Madsen, ein 22-jähriger Spieler des dänischen Drittligisten IK Hallerup Kopenhagen, schoss 11 Tore für die Dänen, um sich für die Endrunde zu qualifizieren, sechs davon in einer Serie von drei Spielen gegen Luxemburg. Obwohl er bei diesem Turnier kein Tor erzielte, erhielt er ein Angebot vom FC Barcelona. Er lehnte jedoch ab und blieb Amateur-Fußballspieler (in der dänischen Nationalmannschaft durften nur Amateure spielen).
  • Der spanische Stürmer Marcelino Martinez, der das Finale mit einem Kopfballtor in der 84. Minute entschieden hatte, wiederholte sein Kunststück drei Tage später, als er ebenfalls mit einem Kopfballtor das Finale des Fair Cities Cup für Real Saragossa gegen Valencia entschied.
  • Für die UdSSR war das Finale das zehnte Jubiläumsspiel in diesem Wettbewerb, und sie erlitt ihre erste Niederlage in diesem Wettbewerb. Die Spanier spielten ebenfalls ihr zehntes Spiel, hatten aber bereits eine Niederlage zu verzeichnen – gegen Rumänien.
  • Die Zahl von 79.115 Zuschauern beim Finale ist nach wie vor der Rekord für die höchste Zuschauerzahl beim Höhepunkt einer Europameisterschaft und wird auch vom Finale der EURO 2024 in Berlin nicht übertroffen werden. Der Rekord gilt allerdings nur für die Männer, das Finale der Frauen in Wembley bei der EM 2022 verzeichnete mit 87.192 Zuschauern einen absoluten Rekord.